Sprachkarten
In den Räumen des Projektes „Bayerisches Wörterbuch“ lagern knapp 2000 handgezeichnete Sprachkarten aus den 1930er und 1940er Jahren. Die meisten stammen von dem Österreicher Eberhard Kranzmayer, einige hat der Lechrainer Bruno Schweizer angefertigt. Vor allem Kranzmayers Karten sind oft sehr rohe und unvollständige Kartenentwürfe.
Eberhard Kranzmayer
Der Dialektologe Kranzmayer (*1897 Klagenfurt, † 1975 Wien) war an den Universitäten Wien, Graz und München tätig. Zeitweilig arbeitete er an der Wiener Wörterbuchkanzlei des Bayerisch-Österreichischen Wörterbuchs, und wurde 1964 der Leiter der Arbeitsstelle Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich. In den Jahren 1926 bis 1933 war er halbjährlich auch am Bayerischen Wörterbuch in München beschäftigt und übernahm 1937 dessen Leitung, bis er 1942 als Professor an die Universität Graz ging. In Fachkreisen ist Kranzmayer vor allem für seine Schriften "Die bairischen Kennwörter und ihre Geschichte" und die „Historische Lautgeographie des gesamtbairischen Dialektraumes“ berühmt.
Bruno Schweizer
Der gleichaltrige Germanist Schweizer (*1897, † 1958 Dießen am Ammersee) war auf weiten Strecken seines Lebens ein Gegner und Konkurrent Kranzmayers. Er war profunder Kenner seines Lechrainer Heimatdialekts wie des gesamten bairischen und ostschwäbischen Dialektraumes. Sprach- und volkskundliche Studien trieb er aber auch auf Island sowie vor allem in Südtirol und den zimbrischen Sprachinseln Oberitaliens, den sogenannten Sieben und Dreizehn Gemeinden. 1928 erhielt er eine Anstellung am Sprachatlas des Deutschen Reiches in Marburg, wo er Sprachkarten zeichnete und experimentalphonetische Aufnahmen durchführte. Dort eignete er sich das methodische Rüstzeug zur Erstellung von Sprachkarten an. Vorübergehend war er auch am Bayerischen Wörterbuch mit Exzerpierarbeiten beschäftigt. Schweizers umfangreiches Lebenswerk ist bis in unsere Tage hinein zu wenig gewürdigt worden. Seine fast 1000-seitige „Zimbrische Gesamtgrammatik“ zum Beispiel ist erst im Jahre 2008 veröffentlicht worden.
Kranzmayers Bayerisch-Österreichischer Dialektatlas
Kranzmayer wollte einen Bayerisch-Österreichischen Dialektatlas erstellen, der dem Bayerisch-Österreichischen Wörterbuch als Voraussetzung und Hilfsmittel dienen sollte. Materialgrundlage der Karten waren der in direkter Erhebung entstandene Kundfahrtenkatalog sowie der Mundartgeographische Fragebogen. In der Münchner Arbeitsstelle liegen 1558 Originalkarten auf Ölpapier vor, von denen etwa 700 Bayern und Österreich, 78 nur Österreich und der Rest, also etwa die Hälfte, nur Bayern behandeln. Viele Karten sind Teilansichten bzw. Ausschnittskarten von großen Karten, daher reduziert sich die Anzahl der Kartenthemen um etwa die Hälfte. Einige Karten wurden schon gedruckt, doch die Kriegsereignisse verhinderten die Publikation des Atlasses.
Schweizers Dialektatlas für Altbayern
Den Plan eines Dialektatlasses für Altbayern fasste Schweizer schon in jungen Jahren. Er sollte Altbayern bis etwa in Höhe des Flusses Regen, Österreich im Osten bis nach Linz und Bayerisch-Schwaben umfassen. Der größere Teil der Oberpfalz blieb ausgespart. Eine erste Folge mit 48 Karten liegt im Manuskript vor. Da sich nicht genügend Subskribenten fanden, wurde der Druck nie realisiert. Die übrigen etwa 300 Karten sind Entwürfe.
Ortsnetz und Kartiermethoden
Die beiden Atlanten unterscheiden sich vor allem in der Dichte des Ortsnetzes. Anders als bei Schweizer weist das Netz der Aufnahmeorte in Kranzmayers Atlas große Lücken auf. Das wird durch die Wahl der Kartiermethode (Flächen- bzw. Isoglossenkarten) z.T. kaschiert.
Die Kartiermethoden der beiden Kartenwerke ähneln sich und sind sehr der Marburger Schule verpflichtet:
- Die sprachlichen Formen werden z.T. ortsgenau durch Symbole am jeweiligen Ortspunkt abgebildet.
- Vereinzelt werden die Belege sogar quasi originalgetreu in die Karte hineingeschrieben.
- Oder es wird das Gebiet, in dem eine bestimmte Form vorherrscht, durch Einfärbung oder Grenzlinien (Isoglossen) dargestellt.
- Auf vielen Karten werden beide Methoden angewandt, wenn es sich als praktisch erweist.
Legenden
Die Symbol- und einige Isoglossenkarten von Kranzmayer enthalten erklärende Legenden. Bei den meisten Isoglossen- bzw. bei den Flächenkarten erschließen sich die dargestellten Unterschiede aus der Karte selbst.
Schweizer hat die Legenden zu seinen Karten auf eigenen Blättern verzeichnet. Sie sollen bei Gelegenheit gescannt und den Karten, die vorerst leider nicht erschlossen werden können, beigegeben werden.