Das Bayerische Wörterbuch und seine Geschichte
Die Mundartforschung hat eine lange Tradition an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die schon Johann Andreas Schmellers Arbeiten gefördert hat. Die Kommission für Mundartforschung wurde im Jahre 1911 gegründet. Sie hatte den Auftrag, Wörterbücher vorzubereiten, die sich mit den bairischen, ostfränkischen und rheinpfälzischen Mundarten im damaligen Königreich Bayern befassten. Die schwäbische Mundart in Bayern zählte nicht zum Aufgabengebiet, denn sie wurde damals bereits im „Schwäbischen Wörterbuch” von Hermann Fischer behandelt.
Das Bayerische Wörterbuch von Johann Andreas Schmeller
Das Wörterbuch-Projekt an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften hat mit dem „Bayerischen Wörterbuch” (Band I, Band II) von Johann Andreas Schmeller (*1785 Tirschenreuth, † 1852 München) einen berühmten Vorläufer. Schmeller hatte in den Jahren 1827-1837 das erste großräumige wissenschaftliche Dialektwörterbuch verfasst, 1872-1877 erschien eine von Georg Karl Frommann bearbeitete Neuauflage (siehe auch Schmellers Bayerisches Wörterbuch).
Doch Schmellers Wörterbuch war zu Beginn des 20. Jahrhunderts vergriffen. Heute ist es als Reprint-Ausgabe wieder neu aufgelegt, doch es genügt den Anforderungen der modernen Mundartforschung nicht mehr.
Das Bayerisch-Österreichische Wörterbuch
Der gesamte bairische Wortschatz sollte in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in einem gemeinsamen Wörterbuch dargestellt werden. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften war in besonderem Maße an dem neuen Wörterbuchprojekt interessiert, denn Schmeller hatte in seinem Wörterbuch den Wortschatz der Dialekte Österreichs kaum berücksichtigt.
Die Arbeit am Wörterbuch begann 1912, zeitgleich an den Akademien in Wien und München, teilweise mit gemeinsamen Befragungen. Die Münchner Arbeitsstelle sollte sich ursprünglich auf das Sammeln und Ordnen des Dialektmaterials für ihr Gebiet beschränken, die Publikation sollte in einem gemeinsamen Bayerisch-Österreichischen Wörterbuch in Wien erfolgen.
Trennung der Wörterbuchkommissionen in Wien und München
Nach den schwierigen Jahren des Zweiten Weltkriegs, in denen es zum Stillstand der Arbeiten gekommen war, nahm man die Forschungen in München erst 1947 wieder auf. Zum Glück war die Sammlung fast komplett erhalten. Da München und Wien in unterschiedlichen Besatzungszonen lagen, war es schwierig, engen Kontakt zu halten. Organisatorische, politische und persönliche Probleme führten dazu, dass man das ursprüngliche Konzept eines einzigen, gemeinsamen Wörterbuchs für Bayern und Österreich aufgab. Zu Beginn der 1960er Jahre einigte man sich darauf, die Wörterbücher für die bairischen Dialekte Österreichs und Bayerns getrennt erscheinen zu lassen. Die Münchner Arbeitsstelle, die in den ersten Jahrzehnten und insbesondere in den Kriegsjahren nur einen oder zwei Mitarbeiter hatte, wurde im Laufe der 1960er Jahre auf den gegenwärtigen Stand von vier hauptamtlichen wissenschaftlichen Mitarbeitern ausgebaut.
Die beiden Akademien in München und Wien vereinbarten, dass das „Bayerische Wörterbuch“ den Wortschatz aller bairischen Mundarten erfassen sollte, die im heutigen Freistaat Bayern gesprochen werden. Die außerhalb Bayerns gesprochenen bairischen Mundarten behandelt das von der Wiener Akademie herausgegebene „Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich“, also auch die, die in den an Österreich angrenzenden Nachbarländern gesprochen werden wie beispielsweise in Südtirol.
Die Trennung hat sich vorteilhaft ausgewirkt, da die gewaltigen dialektalen Unterschiede des Bairischen in zwei getrennten, kleineren Werken leichter zu bewältigen sind. Heute pflegen die beiden Arbeitsstellen der Akademien in Wien und München einen regen kollegialen und freundschaftlichen Austausch.